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Conceptual Joining: Backstage Report

From our Newsletter 2019 (Interview in German)

Daniela Kröhnert and Lukas Allner giving us insights in their research project and experiences

figure of stacking system | Image by ©

Das Forschungsteam von Conceptual Joining zeigte im Winter 2019 in Form einer Ausstellung im AIL ihre Arbeit und Ergebnisse, im Rahmen dessen haben wir Daniela Kröhnert and Lukas Allner gebeten uns einige Hintergründe und Erfahrungen zum Projekt zu beleuchten:

Wir haben im Grunde untersucht wie das Wesen des Materials Holz raum- und strukturbildend erlebbar wird. Unsere Überlegungen begannen im Detail, in Prinzipien und Systemen zunächst losgelöst von einem konkreten Gebrauchszweck.

Wir wollen mit den entstandenen Experimenten Spekulationen über eine materialorientierte Architektur anregen, die auf eine mögliche Funktion und Deutung aus dem sich ergebenden Potential verweisen.

Team at work | Image by ©

Wie setzt sich euer Team zusammen, wer kommt aus welchem Kontext?

Wir sind alle Architekten, mit verschiedenen Hintergründen und Expertisen, zum Beispiel ist Philipp Reinsberg auch Zimmermann und Daniela Kröhnert Spezialistin für CNC Fabrikation. Unsere Mentoren sind Professor*innen und Unterrichtende an der Angewandten in verschiedenen Bereichen mit weiteren Kompetenzen zum Beispiel als Ingenieur*innen, Industriedesigner und Wissenschaftler*innen.

Unser Team wird angeleitet von Prof. Christoph Kaltenbrunner, momentan Professor am Institut für Kunstpädagogik und leitet die Abteilung Darstellung, Architektur und Environment und vereint den Architekten, Produktdesigner und Maschinenbauer in einer Person.

Das Forschungsteam sind Lukas Allner, Daniela Kröhnert, Philipp Reinsberg und Mechthild Weber, alle studierte Architekt*innen, mit unterschiedlichen Vorausbildungen und Spezialisierungen. Philipp ist gelernter Zimmerer, Daniela Spezialistin in Digitaler Fabrikation, Lukas Stärken liegen vor allem im Entwurf und der konzeptionellen Entwicklung unserer Experimente und sorgt für eine kohärente Umsetzung der Forschungsagenda, Mechthild ist Expertin wenn es darum geht die komplexen Prozesse in der Bauausführung mit der Kunst zu verbinden und steuert unsere Forschungsagenda indem sie für den Wissensaustausch zwischen allen Beteiligten (auch Forschungspartner*innen) sorgt. Zusätzlich werden wir betreut durch die Mentor*innen, Prof. Karin Raith und Anja Jonkhans aus der Abteilung Baukontruktion des Instituts für Architektur und Clemens Preisinger, Bauingenieur und Entwickler der parametrischen Tragwerkssoftware Karmaba3D.

workshop in the woods | Image by ©

Wie entsteht so ein Forschungs-Projekt?

Es gibt vom österreichischen Wissenschaftsfond (FWF) ein Förderprogramm zu künstlerischer Grundlagenforschung (PEEK). Es werden Projekte von 2,5 Jahren Dauer gefördert. Das Tolle an diesem Programm ist die vollkommen ergebnisoffene Ausschreibung, als Forschende*r ist man also sehr frei in der Untersuchung von Fragestellungen. Wir haben uns als Gruppe von befreundeten ehemaligen Kommiliton*innen, zunächst zu dritt zusammengefunden, als wir die Themenstellung für den Förderungsantrag entwickelten, kamen die weiteren Team-Mitglieder dazu.

Der Ausgangspunkt war eine weitergeleitete Anfrage, ein Projektkonzept zu einem innovativen Klebstoff zu entwickeln. Durch die Auseinandersetzung mit dem Zusammenfügen von verschiedenen Materialien / Teilen (per Verklebung) kamen wir sehr schnell auf das Material Holz. Uns faszinierten einerseits die komplexen Materialeigenschaften und -formen, andererseits die vielfältige Kultur der Fügemethoden in der Handwerks- und Baukunst.

excursion to Japan | Image by ©

Ihr habt zur Recherche eine Exkursion nach Japan gemacht, was ist euch besonders in Erinnerung geblieben?

Besonders beeindruckend war wie gleichzeitig uralte Tradition und High Tech überall präsent sind. Die Einzigartigkeit der zeitgenössischen japanischen Architektur kommt auch daher, dass traditionelle mit futuristischen Ansätzen sich zu etwas Neuartigem verbinden.

Ein besonderes Erlebnis war wie traditionelle Zeder-Bäume aufwändig gezüchtet werden, um perfekt gerade Stämme zu bilden, diese Wälder wirken wie riesige Säulenhallen. Noch extremer ist die Kunst des “Daisugi”, einer speziellen Baumzucht, in der oben auf einer Art Mutterbaum gerade gewachsene Nebentriebe als Pfetten (eine Form von Dachlatten) für Teehäuser im spezifischen Sukiya-Stil wachsen gelassen werden. Herr Iwai, der allerletzte, der dieses Handwerk noch betreibt, hat uns großzügig in sein schönes uraltes Holzhaus zu einem traditionellen Tee eingeladen und Einblick in das alltägliche japanische Leben in einem Bergdorf nördlich von Kyoto gegeben. Überhaupt ist die Liebe zum Detail und zur Perfektion in allem spürbar.

preparing the wood | Image by ©
augmented reality in the exhibition | Image by ©

Welches Potential seht ihr in der Verbindung von Handwerk und neuer Technik?

Wir glauben dass mit den Möglichkeiten von Computern und Technologie mit hoher Irregularität und Komplexität umgegangen werden kann. Es ist nicht mehr unbedingt notwendig in gleichförmigen Standards zu denken, individuelle Realisierungen von Räumen und Objekten als Unikate sind möglich. Durch Technologie wird ein neuer Zugang zu Material und Handwerkskunst möglich.

robot and graphic working with wood | Image by ©

Daniela hatte mir im Vorfeld von "Robotic Production der Branch Formation" und "Augmented Reality Programmierung" geschrieben – Worum geht es hier genau, wie sieht der Arbeitsprozess aus?

Im Holzbau werden immer öfter computergesteuerte Maschinen und automatisierte Prozesse eingesetzt, diese ermöglichen eine komplexe Bearbeitung mit hoher Präzision. Solche CNC Maschinen, wie etwa eine automatische “Abbundanlage” werden dazu verwendet vorgefertigte Holzbalken herzustellen, die auf der Baustelle ohne grossen Aufwand montiert werden. Hauptsächlich werden so konventionelle ("konservative") Satteldächer hergestellt, wir sehen aber ein großes Potential für komplexe erlebbare Architekturen, die sich so realisieren lassen. Über die Dauer des Projektes haben wir verschiedene Prototypen von irregulären Stabstrukturen umgesetzt, einige davon sind in unserer Ausstellung zu sehen.

Heterogene Werkstücke wie Astgabeln lassen sich schwer mit herkömmlichen Maschinen bearbeiten, es gibt keine geraden Flächen oder gleiche Teile. Für diese Herausforderung ist die räumliche 7-Achs-Bearbeitung mit einem Roboterarm besonders interessant. Diese Maschinen kennt man vielleicht von vollautomatisierten Produktionsstraßen in der Autoindustrie, wo diese Roboter komplexe Arbeitsabläufe präzise ausführen. An den Arm können viele verschiedene Werkzeuge montiert werden.

Die Angewandte besitzt eine solche Maschine, wir haben für dieses Projekt eine spezielle Vorrichtung entwickelt, auf der Äste eingespannt werden. Nach einigen Versuchen hat sich ein Ablauf etabliert indem jedes Teil über drei Referenzpunkt eingemessen wird, wodurch die digitale 3D Geometrie mit dem physischen Objekt synchronisiert wird, anschließend wird mit einer Kettensäge bearbeitet. Vorrausgesetzt alle Dateien sind erstellt, dauert die Bearbeitung für ein Teil inklusive Befestigung und Einmessen 30 bis 40 min, der Roboter wird von einer Person bedient.

Als Alternative haben wir ein Verfahren entwickelt, in dem wir mit Hilfe einer Augmented Reality Anwendung auf einem Smartphone Äste von Hand bearbeiten können. Mit sogenannten AR Apps lassen sich virtuelle Informationen mit der physischen Umgebung überlagern. In unserem Fall haben wir dieses Werkzeug dazu genutzt virtuelle Umrisslinien der Verbindungsdetails auf die physischen Elemente zu projizieren, nachzuzeichnen und schließlich mit einfachen Handwerkzeugen (Handsäge, etc.) auszuschneiden. Dieser Prozess war sehr interessant für uns, weil wir darin das Potential sehen durch Computer Software mit einfachen, leicht verfügbaren Werkzeugen ein hochkomplexes Projekt zu realisieren.

Ähnliche AR Anwendungen haben wir auch verwendet, um die großen Gesamtstrukturen zusammenzusetzen und aufzubauen. Es gab keinerlei physische Pläne oder Zeichnungen, lediglich eine virtuelle Bauanleitung fuer ein 3D Puzzle.

The artistic research project Conceptual Joining investigates wood constructions in a series of structural and spatial experiments. By combining the intelligence of traditional craftsmanship with the potential of computational techniques different design methods and techniques are developed.

The exhibition focuses on two projects that explore the relationship between material, structure and space. Branch Formations is about utilizing naturally grown wood elements as components of a spatial framework. In Interlocking Spaces joining principles, derived from traditional Japanese Architecture, are expanded by digital systematics, forming complex configurations. The working process and results of 2.5 years of research are presented. Full scale installations, models, videos and Augmented Reality allow for an interactive experience of an architectural speculation.

Projektteam:
Leitung: Christoph Kaltenbrunner

Forschungsteam: Lukas Allner, Daniela Kröhnert, Philipp Reinsberg, Mechthild Weber

MentorInnen: Karin Raith, Anja Jonkhans und Clemens Preisinger

Ein Projekt gefördert von österreichischer Wissenschaftsfonds (FWF) / PEEK Programm

All Photos: Conceptual Joining
Questions by Eva Weber